Dienstag, 26. Juni 2012

Das Meer des Herzens geht in tausend Wogen



Du bist der Schreiber und die Schrift bist du,
    Tint' und Papier und Schreibestift bist du.
Du bist die Sternenschrift am Himmel dort,
    Im Herzen hier die Liebeschrift bist du.
Das Blatt, das treibt, das ausgetriebne Lamm,
    Der Trieb, der Treiber und die Trift bist du.
Du bist die Ruh', die Unruh' bist du auch,
    Das Gift und auch das Gegengift bist du.
Du Ebb' und Flut, Windstill' und Sturm und Meer,
    Schiffbruch und Schiff, und der drin schifft, bist du.
Was kann ich treffen? was kann treffen mich?
    Was trifft der Sinn, und was ihn trifft, bist du.

                                  ***

Wohl endet Tod des Lebens Not,
    Doch schauert Leben vor dem Tod.
Das Leben sieht die dunkle Hand,
    Den hellen Kelch nicht, den sie bot.
So schauert vor der Lieb' ein Herz,
    Als wie von Untergang bedroht.
Denn wo die Lieb' erwachet, stirbt
    Das Ich, der dunkele Despot.
Du laß ihn sterben in der Nacht
    Und atme frei im Morgenrot

                            ***


Das Meer des Herzens geht in tausend Wogen

Das Meer des Herzens geht in tausend Wogen

(Übersetzt von Friedrich Rückert)

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