Mittwoch, 23. Oktober 2013

Schächten


Schächten, das Gegenteil von „betäubungslosem Schlachten“

Das rituelle Schlachten von Tieren, deren Fleisch als Nahrung für uns Menschen dient, bei uns in Deutschland „Schächten“ genannt, ist mit seiner genau vorgeschriebenen Methode bekanntlich bei Juden und Muslimen, aber auch bei vielen anderen Völkern in Afrika und Asien seit Jahrtausenden in Gebrauch. Es wird von Kritikern zumeist als archaisch-rückständig kritisiert, als barbarische Tierquälerei. Für Muslime ist es in Deutschland inzwischen durch ein Gesetz verboten, weil es angeblich im Widerspruch zum Tierschutz steht. Zu dem merkwürdigen Kompromiss, das Tier erst mit Elektroschock zu betäuben, kommen wir später.
Schon die maßgebliche Textstelle im Tierschutzgesetz, Paragraf 4a, Absatz 1, macht deutlich, dass der Gesetzgeber (und auch die sogenannten Tierschützer) von den tatsächlichen Vorgängen beim Schächten offensichtlich keine Ahnung haben. Hier heißt es: „Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist.“ Beim Schächten bewirkt eben dieser „Blutentzug“ für das Gehirn die Betäubung. Dadurch ist das Tier in ein paar Sekunden bewusstlos. Diese Betäubung ist islamische und jüdische Pflicht, denn Gott verbietet Tierquälerei. Es ist also ein großer Irrtum, das Schächten als ein Schlachten des Tieres „bei lebendigem Leibe und vollem Bewusstsein“ anzuprangern. Erst wenn der Tod eingetreten ist, darf das Tier weiter geschlachtet, also gehäutet, aufgebrochen, zerteilt etc. werden.
Man sollte also den Gesetzestext folgendermaßen korrigieren: „Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vorher betäubt worden ist.“ Der Blutentzug durch das Schächten ist aber eindeutig die sanfteste Art der Betäubung, kein Vergleich mit dem Elektroschock, der das Tier, wie schon der Name sagt, in einen Schockzustand versetzt. Deshalb kann man diese Form des Schlachtens auch als die sanfteste Art bezeichnen, ein Tier, das der Nahrung dient, zu töten. Voraussetzung ist natürlich, dass es nicht von unerfahrenen Schlachtern gemacht wird, die nicht gelernt haben, sorgfältig zu beachten, was dabei wichtig ist.
Religiös ausgedrückt: Gott, der bestimmte Pflanzen und Tiere geschaffen hat als Nahrung für die Menschen, ist barmherzig auch dem Schlachttier gegenüber und möchte nicht, dass es gequält wird. Deshalb sollten die Menschen Tiere so schlachten, wie der Barmherzige es schon den Kindern Adams und deren Nachkommen aufgetragen hat. Hinzu kommt der Respekt und die Dankbarkeit dem Tier gegenüber, das als Geschöpf und Geschenk Gottes gesehen wird.
Heute denkt niemand mehr an diese Pflicht dem Schlachttier gegenüber. Für die moderne industrielle Fleischproduktion, wie sie im Westen entwickelt wurde und inzwischen überall auf der Welt in Gebrauch ist, ist das Tier ein Fleischlieferant, den man so profitabel wie möglich im wahrsten Sinne „ausschlachtet“. Dem fertig verpackten Fleisch im Kühlregal des Supermarktes sieht man nichts von den Horrorszenarien eines modernen Schlachthofes an. Es gibt inzwischen viel berechtigte Kritik an dieser rein „marktorientierten“ Behandlung von Tieren, die schon mit der wenig tierfreundlichen Aufzucht und Haltung beginnt. Inzwischen werden mehr und mehr auch durch Berichte in den Medien bekannt, was die Tiere alles erleiden müssen: männliche Rinder und Schweine werden kastriert, den Schweinen wird der Ringelschwanz gestutzt, bei Hühnern der Schnabel abgebrannt, alles ohne Betäubung. Hähnchen-Küken werden, sobald man ihr Geschlecht feststellen kann, bei lebendigem Leibe geschreddert, und das sind nur einige Tatsachen von vielen anderen „Tierquälereien“, die auch bei den sog. „Bio-Fleisch-Produzenten“ anzutreffen sind. Über all das sieht der Gesetzgeber offensichtlich großzügig hinweg. So entlarvt sich das Gesetz für die Betäubung durch Elektroschock vor dem Schlachten als das Gegenteil von dem, was es zu schützen vorgibt, er ist der Höhepunkt dieser Tierquälerei.
Der Hauptgrund für die vehemente Verurteilung dieser Form des Schlachtens in der westlichen Gesellschaft, aufgebracht durch Medien, Gesetzgeber und prominente „Tierschützer“ wie Brigitte Bardot u. a., ist sicher die Tatsache, dass deutlich sichtbar Blut fließt. Sichtbares Blut wirkt offenbar ekelerregend, abschreckend, nicht umsonst wird es gerne als Schockeffekt in Horrorfilmen eingesetzt. Kein Wunder, dass Tierfreunde dadurch schockiert sind. Damit wird wirkungsvoll ein Vorurteil aufgebaut, kaum jemand interessiert sich jetzt noch für die wirklichen Vorgänge beim Schächten.

Was geschieht beim Schächten?

Zum Schächten wird das Tier sanft veranlasst, sich auf die Seite zu legen. Auch größere Tiere, Rinder, Kamele, legen sich auf die Seite wie zum Schlafen und bleiben, ohne festgehalten zu werden, ruhig liegen, wenn man ihre Augen mit den eigenen großen Ohren bedeckt. Auch das Zusammenbinden der Beine ist nicht unbedingt nötig. Alles, was Aufregung verursacht, auch schon beim Transport, soll vermieden werden.
Jetzt wird ein kurzes Gebet gesprochen, danach schneidet der Schlachter die Haut am Hals des Tieres unmittelbar unter dem Kieferknochen mit einem sehr scharfen Messer von rechts nach links auf. Das geht schnell und leicht, weil sich hier keinerlei Muskelfleisch, sondern fast nur Haut befindet. Bei Rindern hängt manchmal ein Hautsack mit Fettgewebe locker unter dem Hals, aber es gibt auch hier nur minimal Blutgefäße und Nerven für die Versorgung der Muskulatur und Sinnesorgane am Kopf.
Das Tier erträgt den Schnitt geduldig. Weder wehrt es sich, noch gibt es irgendwelche Schmerzenslaute von sich, wie Filmaufnahmen beweisen. Es könnte ja auch den Hals bewegen, um dem Schnitt auszuweichen, aber es zuckt nicht einmal zusammen, wenn der Schnitt beginnt. Nebenbei: das Anbringen eines Nasenringes durch die empfindliche Nasenscheidewand oder das Einbrennen eines Brandzeichens auf dem Oberschenkel ist sicherlich schmerzhafter.
Mit diesem gleichen Schnitt werden aber auch nach Möglichkeit die Luftröhre und die beiden großen Arterien rechts und links daneben schnell und sauber durchgeschnitten. Adern und Luftröhre sind ebenfalls knorpelig und deshalb relativ unempfindlich. Dann wird der Kopf sofort ein wenig nach oben gebogen, damit kein Blut in die Luftröhre kommt, wodurch eine Art Hustenreflex ausgelöst werden könnte. Denn wenn die großen Adern am Hals durchgeschnitten werden, setzt sofort eine heftige pulsierende, sprudelnde Blutung ein, bei großen Tieren spritzt das Blut mit einem kräftigen Strahl heraus.

Das Gehirn bei Tieren ist sehr viel kleiner als beim Menschen, bei Vögeln nicht mal so groß wie ein Fingerglied, bei Rindern so groß wie eine geballte Faust. Es wird ausschließlich durch diese 2 Arterien versorgt. Alle anderen Blutgefäße für Kopf- und Gesichtsmuskulatur und die Sinnesorgane sind davon völlig unabhängig und verlaufen separat zusammen mit der Hals- und Nackenmuskulatur. Das Gehirn hat keine Verbindung mit ihnen. Dadurch, dass jetzt die Blutzufuhr zum Gehirn komplett unterbrochen ist und auch das noch im Gehirn vorhandene Blut durch die großen Venen abfließt, wird das Tier sehr schnell bewusstlos, selbst bei größeren Tieren dauert es gerade mal ein paar Sekunden. Man erkennt diesen „Koma-Zustand“ daran, dass das Tier ruhig liegt, es könnte sich ja wehren, versuchen aufzustehen oder irgendwie körperlich reagieren. Jetzt lässt man das Tier in Ruhe, falls die Füße zusammengebunden waren, werden die Fesseln gelöst. Die Atmung ist nicht behindert. Das Herz schlägt weiter, weil die Wirbelsäule und das Rückenmark, nach Möglichkeit auch die Speiseröhre, unangetastet bleiben. Dadurch funktioniert auch der gesamte Kreislauf weiter. Durch den Herzschlag wird das Blut aus dem Körper gepumpt und mit ihm auch Schadstoffe, Keime und Viren. Es dauert ein paar Minuten, bis durch das restlose Ausbluten der Tod durch Herzstillstand eintritt, bei großen Tieren etwas länger als bei kleineren. Manchmal gibt es während des Ausblutens noch muskuläre Kontraktionen, etwa rhythmische Bewegungen der Beine. Dabei handelt es sich um automatische Pumpreflexe, mit denen die Muskulatur noch selbst Blut ansaugen will.
Das ist kein „Todeskampf“, so wie er sich oft bei Tieren unmittelbar nach dem Elektroschock oder Bolzenschuß mit heftigen Zuckungen der Beine äußert, die dann meist durch weitere Elektroschocks beendet werden. Das geschächtete Tier ist längst ohne Bewusstsein und stirbt in diesem Zustand sanft und schmerzlos. Ein deutliches Zeichen für diese sanfte Art des Sterbens ist die komplette Entspannung des Tierkörpers, die Beine liegen locker, das Fleisch fühlt sich weich an. Erst wenn das Tier tot ist, also kein Herzschlag mehr wahr zunehmen ist, der Blut nach außen bringt, darf man es „aufbrechen“, aufschneiden, häuten, zerteilen.

Weil der menschliche Körper dem eines Säugetieres ähnlich ist, kann jeder selbst die hier beschriebenen physiologischen Vorgänge in Gedanken nachvollziehen. Auch beim Menschen liegen die Halsschlagadern leicht zu ertasten gleich neben der Luftröhre unter der Haut. Jeder weiß, dass schon ein wenig Strangulieren oder Würgen der vorderen Halspartie schnell schwindlig macht, länger gehalten führt es zur Bewusstlosigkeit, selbst wenn die Blutzufuhr dadurch nicht komplett unterbrochen ist. Und auch die Humanmedizin weiß, dass der Tod durch Verbluten, wenn bei Verletzungen die Blutung nicht zu stillen ist, ein schmerzloses Einschlafen ist. Genauso sterben Selbstmörder, die sich die Pulsadern aufschneiden, völlig schmerzlos, auch wenn das Verbluten hier wesentlich länger dauert.

Ganz anders dagegen die übliche Schlachtweise hier bei uns. Mit Elektroschock wird das Tier zunächst betäubt. Er betäubt das Tier zwar in Sekundenschnelle, aber er ist mindestens genauso schmerzhaft wie der Bolzenschuß in den Kopf oder das Zertrümmern des Schädels mit einem Vorschlaghammer, mit dem man früher hier die Tiere im Schlachthaus tötete. Sicher dauert das Ganze auch nur ein-zwei Sekunden, aber der Schmerz ist so gewaltig, dass sich der gesamte Körper des Tieres in dieser kurzen Zeit extrem anspannt. Man sieht deutlich, wie das Tier zusammenzuckt oder sich aufbäumt. Große Tiere, z. B. Rinder, bei denen der erste Schock zur Betäubung oft nicht genügt und denen man dann weitere Elektroschocks versetzt, brüllen auf und versuchen sich zu wehren. Schlagartig verkrampft sich die gesamte Muskulatur. Bei Schweinen richten sich schlagartig die Schlappohren auf, die Beine spreizen sich steif vom Körper ab. Bei Rindern, die im Stehen auf diese Weise malträtiert werden und dann meist zur Seite auf den Boden fallen, ragen sie starr in die Luft. Das Tier ist jetzt völlig gelähmt, auch wenn es noch nicht tot ist, aber es befindet sich im wahrsten Sinne in einem sehr schmerzhaften Schockzustand, kann weder durch Bewegung noch durch Laute darauf reagieren. Im Schlachthaus wird das Tier jetzt noch lebend aber bewusstlos aufgehängt und seine Bauchseite in Längsrichtung aufgeschlitzt.
Die Betäubung durch Elektroschock ist das Schmerzhafteste, was man einem Tier zufügen kann, auch wenn es nur eine Sekunde dauert. Und das soll nun keine Tierquälerei sein?
Eine Betäubung mit der Giftspritze, wie man das in den USA seit einiger Zeit bei Todeskandidaten für den elektrischen Stuhl macht, ist ausgeschlossen, weil man damit das ganze Fleisch vergiften würde.
Jeder, der es genau wissen möchte, kann sich diese verschiedenen Formen des Schlachtens anschauen, beim islamischen Schlachter und im Schlachthaus. Alles, was hier beschrieben ist, ist nachprüfbar. Man braucht keine wissenschaftlichen Gutachten dazu.

Es gibt nun aber in Deutschland einen interessanten Vorläufer für dieses diskriminierende Gesetz: das Schächtungsverbot für Juden in der Nazizeit (1935). Offenbar ist sich der Gesetzgeber dieser Parallele nicht bewusst. Auch hier wurde die Methode des „koscheren“ Schlachtens als entsetzlich grausam und barbarisch angeprangert, auch damals ging es nicht um die Tiere, sondern darum, die Juden schlecht zu machen. In einer antijüdischen Hetzschrift aus der Nazizeit zu diesem Thema, die ich einmal auf dem Flohmarkt fand, ließ der Verfasser dazu noch seiner perversen Fantasie freien Lauf und schilderte, wie jüdische Schlachter die Blut verspritzenden Tiere, bevor sie tot sind, noch über den Acker jagen, um mit ihrem Blut die Erde zu düngen...

In der neuen Bundesrepublik hatte zunächst niemand etwas dagegen, wenn die wenigen jüdischen Schlachter, die es hier gab, ihre Tiere „koscher“ schlachteten, um ihre eigenen Leute zu versorgen. Erst in den 80er Jahren, als die muslimische Fleischer in Deutschland für ihre Glaubensgenossen begannen, „helal“ zu schlachten, erregten die Muslime mit ihrem „barbarische Schlachten von Tieren, wenn sie noch leben“ die Gemüter.
Mit Hilfe von Tierschutzargumenten wurde dann das Gesetz zum „Schächtungsverbot“ gestrickt, ohne sich genauer über die tatsächlichen Vorgänge zu informieren. Um die Proteste der Juden zu vermeiden, wurde als Kompromiss angeordnet, das Tier zuerst durch einen Elektroschock zu betäuben. Ein Tier durch Elektroschock zu betäuben, um ihm Schmerz zu ersparen, ist blanker Unsinn, er fügt dem Tier nur zusätzlich einen grausamen Schmerz zu, was ich hoffentlich beweisen konnte. Kein Chirurg käme auf die Idee, seinen Patienten mit Elektroschock zu betäuben, bevor er die Operation beginnt. Tatsächlich ist durch die Muskelverkrampfung auch das Ausbluten behindert, der Pulsschlag ist geschwächt. Manche Tier bekommen sogar einen Herzschlag und sterben.

Fragt man sich angesichts all dieser Fakten, warum trotzdem das Schächtungsverbot weiter besteht, wird, so bleibt eigentlich nur eine Antwort übrig: es ist eine der Maßnahmen, die sich gegen die Muslime richtet, ein Beispiel wie Vorurteile und Ignoranz zur Gesetzesgrundlage wird. Das Gesetz nutzt niemandem, sondern schadet nur den Tieren (und Menschen). Fazit: dass gesetzliche Verbot, Tiere rituell, d.h. „helal/koscher“ zu schlachten ist nicht nur überflüssig, es ist diskriminierend, steht im Widerspruch zum Artikel 4 des Grundgesetzes und ist genau das Gegenteil von „Tierschutz“, was es zu sein vorgibt. Es muss ersatzlos gestrichen werden.

Bleibt nur noch zu sagen, dass auch viele deutsche Verbraucher, und natürlich viele Juden, inzwischen ihr Fleisch beim türkischen oder arabischen Schlachter kaufen. Es schmeckt nicht nur besser und ist gesünder, es hält sich auch erstaunlich lange. Auch das kann man selbst testen. Man braucht nur von beiden Schlachtarten ein wenig Fleisch länger stehen lassen. Das nicht „koschere“ Fleisch fängt schon nach einen Tag an zu riechen, während das andere „helal/koscher“ geschlachtete auch ohne Kühlung erstaunlich lange frisch bleibt, über eine Woche, wie wir feststellen konnten. Und wenn man weiß, dass so geschlachtetes Fleisch in wärmeren Ländern auch ohne Kühltechnologie die Menschen dort ernährt, dann begreift man, dass diese Art des Schlachtens, die schon der Prophet Abraham/Ibrahim –Gottes Frieden auf ihm – ausübte und an seine Nachkommen weitergab, ein Segen Gottes ist.

Ahmed Kreusch, 2012

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